M&A Branding
Die Marke als Integrationsmaschine
Marken spielen bei der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle: Je nach Produkt und Geschäftsfeld beträgt der Beitrag der Marke zum Kauf zwischen 10 und 90 Prozent. Umso verwunderlicher ist es, wie unbekümmert viele Unternehmen mit dem Thema „Marke“ bei der Vorbereitung und Durchführung eines Mergers umgehen.
So werfen Verwaltungsräte wertvolle Unternehmensmarken wie Spielbälle in die Verhandlung („Wir stellen den CEO, dafür dürft Ihr den Namen behalten“). Namhafte Konzerne geben Milliarden aus – versäumen es jedoch, sich mit dem Kauf eines ganzen Konzerns auch die Markenrechte von Flaggschiffprodukten zu sichern. Und nach dem Closing erhält die Creative Services Abteilung die Aufgabe, das Logo „noch irgendwie zu lösen, notfalls mit einer Unterzeile“. Ein strategischer Markenführungsprozess findet hingegen nur selten statt. Die wirtschaftlichen Folgen sind verheerend: rund drei Viertel aller Merger und Akquisitionen scheitern –
meist an der Integration.
Branding als Führungsaufgabe
Die Konzentration auf drei wesentliche Führungsaufgaben reduziert das Risiko eines Mergers systematisch. Und in allen drei Punkten leistet die Marke einen nachweislichen und entscheidenden Beitrag zum Gelingen.
Erstens: die Wahl des geeigneten Partners. In welcher Konstellation lässt sich das Geschäft profitabel weiterentwickeln, wachsen Marktanteile, glänzt die Reputation? Schon in der Phase der Brautschau liefert ein sorgfältiger Vergleich der Markenpositionierung und der DNA von Unternehmens- und Produktmarken wertvolle Hinweise auf Fit oder Misfit zweier möglicher Partner.
Zweitens: die Definition einer klaren Strategie. Verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit durch Integration der beiden Unternehmen? Oder wächst die Schlagkraft, wenn sich die Partner weiterhin einzeln im Markt behaupten? Die Unternehmensmarke spielt sowohl bei der Integration wie auch bei der Differenzierung eine entscheidende Rolle, denn sie vermag Unternehmen zu einen – oder zu teilen. Eine gemeinsame Unternehmensmarke ist der einfachste und gleichzeitig stärkste Hebel, um eine neue, gemeinsame Identität zu stiften und eine zukunftsfähige Unternehmenskultur zu entwickeln. Eine Kultur, die ehemalige Konkurrenten zu einem neuen, schlagkräftigen Team zusammenschweisst.
Drittens: konsequente Implementierung. Wie lässt sich der langwierige und mühselige Integrationsprozess beflügeln? Wie nimmt man Mitarbeitende mit auf die Reise in eine gemeinsame Zukunft? Die Marke setzt nach einem Merger ein wichtiges Zeichen: sie macht die künftige Strategie physisch präsent und emotional erlebbar. Ein straffer Roll-out-Plan für das Rebranding entfaltet eine positive Eigendynamik und lässt sich hervorragend als Integrationstriebwerk nutzen. Die zügige Integration der Marke kann somit auch alle weiteren Integrationsprozesse stärken und beschleunigen – von Forschung und Entwicklung über Produktion bis zu IT und HR.
Werkzeuge und Prozesse
Ein strukturierter Markenführungsprozess begleitet den Merger entlang der klassischen M&A‑Phasen: von der Due Diligence über die Ausarbeitung der Strategie bis zur Implementierung. Der Fokus liegt dabei auf Aspekten, die messbar zur Wertschöpfung beitragen, namentlich Profitabilität, Marktanteil sowie Reputation und Image. Dafür stehen erprobte Werkzeuge und Verfahren bereit. So lässt sich mit Hilfe von Parallel Prototyping anhand unterschiedlicher Szenarien untersuchen, welche Markenstrategie für das Unternehmen effizient und wertschöpfend sein wird. Eine Brand Equity Studie kann bei Bedarf vertiefend klären, welche Marke die stärkere Kundenbindungskraft aufweist, oder welcher Marke eine Rolle als starker Wachstumstreiber zugetraut werden darf. Die professionell begleitete Entwicklung der strategischen Markenpositionierung, die Definition einer neuen, gemeinsamen Identität, die Erarbeitung eines zukunftsweisenden Auftritts und die Planung eines effizienten Migrationsprozesses für das Rebranding stellen schliesslich sicher, dass die Implementierung zum M&A Erfolg führt.
Markenstrategie
Welche Marke überlebt?
Nur allzu häufig beeinflussen Geschmacksfragen die Wahl der Marke für das fusionierte Unternehmen. Qualitativ robustere Ergebnisse erzielt jedoch eine systematische Prüfung der Integrationsfähigkeit von Marken anhand von harten und weichen Kriterien.
Zu den harten Kriterien zählen unter anderem:
- Besitzverhältnisse
- rechtliche Situation
- strategische Vorgaben, z.B. Portfoliomanagement oder geplante Devestitionen
Die Prüfung der weichen Kriterien erfordert eine professionelle Einschätzung, bei Bedarf unterstützt durch faktenbasierte Studien. Im Fokus der Untersuchung stehen zum Beispiel:
- Imagetransfer – positiv und negativ
- Value-at-risk, insbesondere für Kunden, Marktanteile und Mitarbeitende
- Markenstärke und Finanzkraft
Beitrag Handelszeitung Special „Mergers“, 19. Januar 2017